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Film von Maria Knilli Waldorfschule

Der vierte Film aus der Langzeitstudie von Maria Knilli

„Reden wir von Leben und Tod“, der vierte Film, der aus der Langzeitbegleitung einer Klasse der Waldorfschule Landsberg entstanden ist, tanzt aus der Reihe. Natürlich erfährt der Zuschauer etwas über die 12. Klasse, dem so wichtigen Abschlussjahr an einer Waldorfschule, er erhält Informationen über die Bedeutung des Steinmetzpraktikums und zu den weiteren Schwerpunkten in diesem Schuljahr. Der eigentliche Wert dieser Doku liegt aber im Zeitgeist. Wie ticken die 28 jungen Erwachsenen, ihren Waldorfabschluss quasi in der Tasche, kurz vor den staatlichen Abschlüssen Mittlere Reife oder Abitur? Was bewegt sie, was denken sie über das Leben und den Tod? „Temperatur messen“, nennt das Maria Knilli. Um den Eindruck komplett zu machen, kommen auch 8 Ehemalige zu Wort.

Wir haben mit der Filmemacherin über ihren neuesten Film gesprochen.

Zum Film

Einfühlsam und authentisch zeigt der Film damit auch den Kern der Waldorfpädagogik: 28 junge Menschen auf dem Weg in die Welt, sie sind alle Einzelpersonen, ihre Meinungen und Einstellungen lassen sich nicht über einen Kamm scheren, sie sind individuell und denken unabhängig von ihrer Schullaufbahn. Es sind die Ansichten von jungen Menschen und ihr Blick in die Welt, denen wir gerade in Zeiten von Fridays for Future besonders zuhören sollten, und zwar allen.

Während die ersten drei Dokumentarfilme also einen Einblick in die Waldorfschule und nebenbei auch in Entwicklungsstufen von Kindern geben, schenkt uns der vierte Film einen Einblick in die Erwartungen, Sorgen und Hoffnungen junger Erwachsener Ende 2019.

Vorbereitungen für ein Steinmetzpraktikum vor Corona

reden wir steinmetzpraktikum

„Es war ein Glücksfall, dass wir in 2019 gedreht haben“, erzählt Maria Knilli. „Noch keine Pandemie. 2020 wäre diese Reise in die Toskana und die Begleitung der Schüler zu ihrem Steinmetzpraktikum gar nicht mehr möglich gewesen.“

Die ersten Vorgespräche begannen bereits 2018, im Juli, also zum Ende der 11. Jahrgangsstufe, besuchte sie die Schüler, die sie schon von den ersten drei Dokumentationen kannte, in der Klasse. „Es war wie eine Mutprobe für mich, wie würden sie auf meine neue Idee reagieren, sind sie an einer Fortsetzung interessiert? Haben sie Lust das Projekt mit zu entwickeln?“

Die Klasse reagierte „gelassen interessiert“, wie es die Regisseurin ausdrückt. Bei der Frage, wie viele sich an der Entwicklung beteiligen würden, war sie überrascht: Von 28 Schülern meldeten sich 18. „Es fühlte sich wie ein Ritterschlag an.“

Noch beeindruckender fand sie die Bereitschaft, sich interviewen zu lassen: Im Film sind Wortmeldungen von 28 unterschiedlichen Schülern enthalten.

REDEN WIR Portrait Knilli

Was bringe ich in die Öffentlichkeit?

Zusammen mit dem Kollegium, einem Arbeitskreis aus Eltern und Lehrern, der auch die anderen Filme und die Filme für die Forschungsstelle begleitete, wurden die Abläufe geklärt. In wenigen Vorbereitungsstunden erarbeitete Maria Knilli mit den Schülern die Fragen, die Form der Interviews und damit die Inhalte.

Eine Gratwanderung. „Was bringe ich in die Öffentlichkeit? Was geben die Schüler preis, wie sehr öffnen sie sich, was sind sie bereit zu zeigen?“ Diese Frage bewegte die Filmemacherin sehr intensiv. „Ich wollte nicht in Zeitgeistthemen herumwühlen, sondern lediglich aufnehmen, was die Schüler bereit sind zu zeigen. Zwischen den Zeilen lesen, kann der Zuschauer selber.“
Das Filmteam Knilli/Tittel reiste zur Vorbereitung im März 2019 in die Toskana.

Das Steinmetzpraktikum, also die Arbeit an den Marmorblöcken, die sich die Schüler selber ausgesucht hatten, stand zu jedem Zeitpunkt im Vordergrund. Die Dreharbeiten im Mai sollten nebenbei, in den Pausen, an dem angelegenen Ort stattfinden. „Der Ablauf vor Ort war super professionell, offen und gleichzeitig mit einem schönen Ernst im Umgang.“

„Am Aufwendigsten waren die Interviews per Skype mit den Ehemaligen. Da es am Praktikumsplatz kein Internet gab, fanden sie im Touristikbüro im nächsten Ort statt. Die Interviewpartner mussten vorher mit der entsprechenden Technik ausgestattet werden, die Termine exakt eingehalten - eine echte logistische Herausforderung! Aber es hat super geklappt.“
Diese Interviews fließen als angenehme Ortswechsel in den Film ein. Sie sind immens wichtig, um die vielfältigen individuellen Wege zu zeigen, die Waldorfschüler gehen können.

feedback schueler zum Film "Reden wir über Leben und Tod"

Rohschnittabnahme Juli 2019, rechts außen Editorin Nina Ergang

Im September 2019 wurde der Film abgeschlossen - auch in dieser Phase kamen die Schüler zu Wort. Zu einer Besprechung des Rohschnitts trafen sich alle im Schneideraum. „Ihr Feedback war sehr wertvoll und ist vollständig mit eingeflossen.“ Es gab nur eine Beschwerde: die Schüler vermissten ihre Statements zur Schulzeit an einer Waldorfschule. Mit dem Konzept der Webdoku „Nachgefragt – Rückblicke auf unsere zwölf Jahre Waldorfschule“ konnte Maria Knilli die Schüler aber überzeugen. Diese Statements haben jetzt einen eigenen Raum in der Webdoku gefunden.

Und plant die Filmemacherin nun weitere Filme, wie die Schüler ihren Weg weitergehen?

„Stand heute, nein. Für mich ist die Langzeitdokumentation jetzt abgeschlossen. Ich habe 16 Jahre meines Lebens damit verbracht, elf Filme sind entstanden, die vier Dokumentarfilme, die Webdoku und die Filmreihe für Lehre und Forschung. Man könnte sagen ein Opus Magnum, das hätte ich mir damals nie träumen lassen! Es ist ja auch nicht selbstverständlich, dass eine Zusammenarbeit über so viele Jahre klappt. Dafür bin ich sehr dankbar.“

Fazit

„Reden wir von Leben und Tod“ ist mehr als eine Doku über die Waldorfpädagogik in verschiedenen Klassenstufen, weil der Film junge Erwachsene erleben lässt, ihre Ansichten und Träume zum Leben und zum Tod. Wann ist uns schon so ein unverfälschter Einblick gestattet? Und ich schließe mich der Einschätzung von Maria Knilli an: „Diese jungen Menschen (18/19 Jahre alt) sind so reflektiert. Sie zu erleben, macht mir Mut.“

Alle Filme als Trailer

DVDs, Streaming, Information: https://www.guten-morgen-liebe-kinder.de/

reden wir waldorfabschluss

Fotos: © 2020 Maria Knilli

Text: Albertine Sprandel, Redaktion waldorf-bayern.de

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